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DFG-VK Gruppe Duisburg
Stand: 15.9.2005

Inhalt und Impressum


Deutsche Friedensgesellschaft
Vereinigte Kriegsdienstgegner
Gruppe Duisburg

c/o Buchhandlung "Weltbühne"
Gneisenaustr. 226
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Gaza und die Identität


von Lina Ganowski


Der Nahost-Konflikt, dessen Grundwiderspruch der Konflikt ist zwischen dem jüdischen Staat, dessen Existenz gefährdet ist, und der arabisch/islamischen Welt, die Israel als Stachel im Fleisch empfindet, scheint heute einer Auflösung ferner denn je. Israels Gaza-Invasion hat die geringen Hoffnungen weiter verringert. Was hat Israel erreicht? Mehr Sicherheit? Nein.

Gefahr für den Frieden

Worauf der Frieden im Nahen Osten gegründet werden muß, liegt auf der Hand: Zwei Staaten. Die Palästinenser werden nie einen handlungsfähigen Staat mit lebensfähiger Wirtschaft haben, solange die Existenz Israels in Frage gestellt ist. Israel wird sein Ziel, eine sichere Heimstatt der Juden zu sein, nie erreichen, solange die Palästinenser als rechtlose Underdogs leben müssen, eingepfercht in Ghettos, Flüchtlingslagern, geduldet in „Homelands“, ständig bedroht von einem vielfach überlegenen Feind, ständig drangsaliert von einer aggressivenWenn nun diesseits und jenseits der Türkei die Völker aufeinander schlagen, so ist es der Westen gewesen, voran Deutschland, der diesen Völkern den Nationalismus eingeflüstert hat. Wenn nun diesseits und jenseits der Türkei die Völker aufeinander schlagen, so ist es der Westen gewesen, voran Deutschland, der diesen Völkern den Nationalismus eingeflüstert hat. Wenn nun diesseits und jenseits der Türkei die Völker aufeinander schlagen, so ist es der Westen gewesen, voran Deutschland, der diesen Völkern den Nationalismus eingeflüstert hat. Wenn nun diesseits und jenseits der Türkei die Völker aufeinander schlagen, so ist es der Westen gewesen, voran Deutschland, der diesen Völkern den Nationalismus eingeflüstert hat.  Militärmaschinerie. Beide Konfliktparteien haben nur dann etwas zu gewinnen, wenn sie die Interessen der anderen Seite anerkennen.

Aber kann man eigentlich voraussetzen, daß auf einer der beiden Seiten der Willen zum Frieden vorherrscht? Oder haben nicht auf beiden Seiten die das Übergewicht, die den Frieden mehr fürchten als den Krieg? Einfach darum, weil der Frieden – wenn überhaupt – nur dadurch zu erreichen ist, daß beide Seiten maximale Positionen aufgeben? Die Eliten auf beiden Seiten brauchen den Konflikt. Auf beiden Seiten wird das Handeln beherrscht von der Idee, in der Schlacht mehr erreichen zu können als in der Verhandlung. Darum war Israel an einer starken Hamas, die Israel vernichten will, mehr gelegen als an einer starken PLO, die Israel anerkennt. Man nennt das Taktik.

Die vorherrschende Zielvorstellung beider Seiten ist nicht der Frieden mit der anderen Seite, sondern der Sieg. Der Sieg über die andere Seite ist für beide nicht erreichbar.

„Jener gleichgeschaltete Diskurs ist unfähig, den Wirkzusammenhang des Gewaltzirkels zu erkennen: daß Israel die Hamas selbst hochgezüchtet hat, indem es die PLO demontierte, die Autonomiebehörde ausschaltete und Arafat paralysierte, genau so, wie es sich Scharon über Jahrzehnte erträumte; daß der Abzug aus dem Gazastreifen kein Friedensakt war, da man das geräumte Territorium zugleich hermetisch abriegelte und ökonomisch wie zivilgesellschaftlich abwürgte. Nur um sich anschließend darüber zu wundern, dass sich die Bevölkerung radikalisierte.“ (Mosche Zuckermann in der taz).

Verfolgt man den Diskurs, stellt sich dieser Eindruck ein: Israel wurde durch Raketen, die vom Gazastreifen aus abgeschossen wurden, in seiner Existenz bedroht und mußte sich einfach wehren, und da Israel sowieso „die einzige Demokratie im ganzen nahöstlichen Raum“ ist, macht es gar nichts aus, daß dieser Abwehrkampf mit hundertfacher Feuerkraft geführt wird. Die Bewunderung der „einzigen Demokratie im ganzen Raum“ findet auch mal Ausdruck in rassistischen Sprüchen wie „Wenn Israel aufhört zu kämpfen, dann ist der Staat Israel Geschichte. Wenn Palästina aufhört zu kämpfen, dann ist Frieden.“ Die Palästinenser sollen aufhören, ihre vitalen Interessen durchzusetzen. Dann ist: „Frieden“. Die simple Sicht: Israel hat ein Problem, die Palästinenser sind ein Problem. Tatsächlich haben die Palästinenser derzeit sogar zwei Probleme. Das eine heißt Netanjahu, das andere heißt Hamas.

„In der konkreten Situation bleibt Israel möglicherweise keine andere Wahl als die in den Tod zu schicken, die ihrerseits Israel den Tod wünschen. Dass dabei unschuldige Zivilisten mit in den Tod gerissen werden, ist wahrhaft tragisch“, war in einem Internet-Forum zu lesen. Der Tod der Zivilisten ist keine tragische (und leiderleider unvermeidliche) Nebenwirkung einer Notwehrhandlung, sondern Wesenszug des modernen Krieges. Der „Kollateralschaden“ ist das eigentliche Ziel. Der moderne Krieg wird gegen Zivilisten geführt, gegen Schwache, gegen Wehrlose, gegen Kinder. Auf der einen Seite ist das Töten von Kleinkindern Teil des Anti-Terror-Kampfes, auf der anderen werden Kinder als Schutzschilde benutzt zum Ruhme Gottes.


Die Regierung und die Militärführung Israels sind blind für die Erkenntnis, daß der moderne, der „asymmetrische“ Krieg, der Krieg einer hundertfach überlegenen Militärmacht gegen eine Zivilbevölkerung nicht gewonnen werden kann – siehe Vietnam, siehe Irak, siehe Afghanistan. In dem Maße, in dem die israelische Armee sich in immer blutigeren und immer aussichtsloseren Aktionen austobt, droht sie, die israelische Gesellschaft zu deformieren, so wie die palästinensische Gesellschaft durch den aussichtslosen Terrorismus und Fanatismus ihrer „Interessenvertreter“ längst deformiert ist. Der Konflikt, in dem beide Seiten im Recht waren, hat sich umgewandelt in einem Konflikt, in dem beide Seiten im Unrecht sind. Der Nimbus der einen, die sichere Heimstatt der Juden gegen eine Welt von Feinden zu verteidigen, löst sich im Terror- und Anti-Terror-Krieg ebenso auf wie der Nimbus der anderen, die Befreier der Unterdrückten zu sein.


Die Ausweitung des Konflikts ist seit je das Schreckensszenario in der „Ersten Welt“. Der Konflikt hat sich ausgeweitet. Die Metropolen wurden zum Ziel islamistischer Terroristen, die ihren Kampf nicht mehr nur gegen „zionistische Besatzer“ führen, sondern gegen die „Ungläubigen“, gegen kommunistische Liberale, lesbische Kapitalisten, pornografische Demokraten etc. pp.

Spätestens seit der Gaza-Invasion beherrscht der Nahost-Konflikt nicht nur die „Debatten“ in linken und pseudo-linken Zirkeln, sondern findet Widerhall auf den Marktplätzen und Straßen unserer Großstädte. Was sich im Nahen Osten als eine nicht enden wollende Tragödie zuträgt, hat hierorts zeitgleich ihre Widerspiegelung als Farce, von der man nicht weiß, aber ahnt, daß sie in Gewalt ausartet.


Die deutsche Linke, die sich durch die euphorisierenden und zur Zeitweiligkeit verurteilten Erfolge der Linkspartei über den Schwund ihrer Bedeutung hinwegtäuscht, läßt sich für einen Stellvertreterkrieg zerreißen. Das nimmt groteske Züge an.

Die Redaktion der Bahamas, die ihre Israeltümelei zu immer gröberen Exzessen steigert, gab eine Erklärung zum besten, in der – kurz gesagt – der Zentralrat der Juden, die Berliner Jüdische Gemeinde und die Teilnehmer der Berliner Pro-Israel-Demonstration als Antisemiten gekennzeichnet wurden. Auf die unbedarften Israelfahnenschwenker wird das seine Wirkung nicht verfehlen, und sie werden sich fortan bemühen, eben noch viel päpstlicher als der Papst – pardon: noch jüdischer als Israel zu sein. (Das erinnert an die Tage der Frauenbewegung, als die radikalsten Feministinnen nicht die Frauen, sondern die Männer von den Frauen waren).

Die andere Seite ist nicht fähig, Hamas als das zu erkennen, was sie ist, nämlich eine ultrakonservative, antiemanzipatorische, antisemitische Terrororganisation. Da und dort wird gerade mal eingeräumt, „daß wir mit Hamas nicht in allen Fragen übereinstimmen“. Zugleich wird immer beruhigend darauf hingewiesen, daß Hamas durch eine „freie und faire Wahl“ zur Mehrheit gekommen ist. Man muß sich vorstellen, so würden Linke etwa einen Wahlerfolg von NPD oder Pro-NRW kommentieren (mit denen stimmen wir ja auch „nicht in jeder Frage überein“).

Ein vielleicht gar nicht großer, aber agiler und lautstarker Teil der Linken geht weiter: Die Wiener „Antiimperialistische Koordination“ (AIK) und deren deutsche Dependence „Initiativ e.V.“ schätzen nicht nur die islamistischen Reaktionäre fälschlich als Teil des antiimperialistischen Emanzipationskampfes ein, sie suchen auch das Bündnis mit ihren hiesigen Anhängern im Migranten-Milieu, von denen einige zugleich – ganz antisemitisch – Kontakt mit der rechten Szene unterhalten, aus der wiederum einige – ganz antiislamisch – zur Pro-Israel-Szene tendieren.

Man muß sich mal anschauen, wie „Initiativ e.V.“ islamistische Symbole verwendet und wie sich hinter dem Initiativ-Transparent der harte Kern des Islamismus versammelt. Da offenbart sich nicht bloß eine falsche Taktik, sondern ein echtes Identitätsproblem.


Die Völker, die weit hinter der Türkei aufeinander schlagen, führen einen Stellvertreterkrieg für die zwei Seelen, die – ach – in deutscher Brust wohnen. Für die einen sollen die Palästinenser den Preis für das entrichten, was den Juden angetan wurde, und sie sollen als Sündenbock im wahrsten Sinne des Wortes in die Wüste geschickt werden. Die anderen wollen deutsche Schuld den Juden vererben („selber Völkermord!“). Dem dienen solche Formulierungen wie „Holocaust an den Palästinensern“ oder, der Gazastreifen erinnere heute an das Warschauer Ghetto. Man spürt die Absicht, und man ist verstimmt.


aus: DER METZGER Nr. 83, Februar 2009




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