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DFG-VK Gruppe Duisburg
Stand: 25.6.2009

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Deutsche Friedensgesellschaft
Vereinigte Kriegsdienstgegner
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Georgien-Konflikt

Gefahr für den Frieden


In diesen Tagen hat die Bundesregierung, hat die EU, die NATO und überhaupt die ganze Achse des Guten erklärt, daß die territoriale Unverletzlichkeit Jugoslawiens gewahrt werden muß, und daran erinnert, daß nach dem Völkerrecht Kosovo ein Teil Serbiens ist, ebenso wie ja auch Tibet ein Teil Chinas ist.

Oder wird hier etwas verwechselt?

Der Krieg gegen Jugoslawien war für die Bundesrepublik ein großer Schritt auf einem Weg, der längst schon eingeschlagen war, nämlich, wieder zu einer kriegsführenden Macht zu werden, wieder in der Lage zu sein, Militär zur Durchsetzung politischer Ziele einzusetzen. Wir erinnern uns, daß dies als „humanitäre Intervention“ ausgegeben wurde. Aber auch über diese Euphemisierung des Krieges hinaus waren noch andere Töne zu hören:

Johann Georg Reißmüller kommentierte damals in der Frankfurter Allgemeinen: „In Frankreich und Großbritannien hängt ein Teil der Intelligenz noch an der 1919/1920 für Ostmitteleuropa festgelegten Neuordnung, die vor allem dazu gedacht war, Deutschland, Österreich und Ungarn zu bestrafen und am Boden zu halten; der großserbische Belgrader Staat war ein Eckpfeiler dieses Systems. Jugo-Serbien ist eine gänzlich uneuropäische Macht.“ Und er kam zu der Schlußfolgerung: „Deshalb darf für Serbien auf alle absehbare Zeit kein Platz in der Europäischen Gemeinschaft sein.“

Das klingt zunächst einmal komisch: Europäisch ist, was sich deutschen Interessen anpaßt, und der Staat Jugoslawien hat bloß deshalb existiert, um uns Deutsche zu ärgern. Die Quintessenz dieses Kommentars ist eindeutig: Der Krieg in Jugoslawien hatte dem Zweck zu dienen, Deutschland als Großmacht auferstehen zu lassen.

Nein, hier wurde nichts verwechselt, und auch Merkel und Steinmeier, die Bundesregierung, die EU, die NATO und überhaupt die ganze Achse des Guten verwechselt da nichts, sondern treibt ein Wechselspiel, in dem Völkerrecht und territoriale Unverletzlichkeit mal in diese, mal in jene Richtung verdreht werden.

Wenn nun diesseits und jenseits der Türkei die Völker aufeinander schlagen, so ist es der Westen gewesen, voran Deutschland, der diesen Völkern den Nationalismus eingeflüstert hat. Der Nationalismus des beginnenden 20. Jahrhunderts hat die kuk-Monarchie zerfallen lassen. Der Nationalismus des endenden 20 Jahrhunderts war ein ferngesteuertes Instrument, um die sozialistischen Vielvölkerstaaten Jugoslawien und Sowjetunion zerfallen zu lassen. Zerfallsprodukte sind Kleinstaaten, die zu autonomem Handeln nicht in der Lage sind, und in denen ethnische Konflikte weiterschwelen, weil die Grenzen zwischen den Staaten nun einmal nicht Grenzen zwischen Nationalitäten sind.

Ein Beispiel dafür ist Georgien. Neben den baltischen Staaten hat sich Georgien besonders deutlich gegen Rußland gewandt und sich somit den westlichen Mächten als Frontstaat angeboten.

Georgien hat geostrategische Bedeutung – als Landbrücke zwischen Europa und Zentralasien. Rund um das Kaspische Meer liegen große Erdöl- und Erdgas-Reserven, auf die die westlichen Mächte ihren Zugriff sichern wollen. Die Landkarte zeigt einen schmalen Streifen zwischen Rußland und Iran. Die Kontrolle über die Transportwege des Öls geht für den Westen verloren, wenn Rußland seinen Einfluß südlich des Kakasus wahrt und stabilisiert bzw. zurückgewinnt. Berlin ist an einem Zugang zu den zentralasiatischen Ölvorkommen interessiert, um sich im Energiebedarf nicht allzu sehr von Rußland abhängig zu machen. Die USA sind seit je darum bemüht, den Weltmarkt des Erdöls global zu kontrollieren, auch in Teilen der Welt, aus denen sie selbst kein Öl importieren. Die USA wollen den Welt-Energiemarkt und den Öl-Preis kontrollieren.

Während Berlin und die EU mit einer Beruhigung der Lage in Georgien zufrieden sein könnten – und in der Tat hat die russische Regierung den mit Merkel abgesprochenen, von Sarkozy in Moskau vorgetragenen 6-Punkte-Plan akzeptiert – haben die USA weitergehende Ambitionen.

Es wird wieder vom Kalten Krieg gesprochen. Die schönen Reden, mit denen Rußland nach dem Sturz der Sowjetmacht in der „demokratischen Völkerfamilie“ (oder wie das heißt) willkommengeheißen wurde, haben sich natürlich als das erwiesen, als was sie schon immer erkennbar waren: als Illusion. Die USA verfolgen gegen Rußland eine Strategie, die der Strategie gegen die Sowjetunion sehr ähnlich ist: eine Strategie der Einkreisung, und für diese Strategie sind die Bedingungen heute sehr viel günstiger.

In den letzten zwei Jahrzehnten konnten die USA mit ihrer NATO weit in den Osten vordringen und Rußland „auf die Pelle rücken“. Dieses Vorhaben ist weit gediehen, nicht zuletzt dadurch, daß es von Polen, Ungarn, den baltischen Staaten und zuguterletzt von der Ukraine bereitwillig unterstützt wurde. Und es geht weiter: Die russische Nachrichtenagentur Nowosti bilanzierte, Georgien sei mit 175 Kampfpanzern, 126 Schützenpanzerwagen, 100 Artilleriegeschützen, 99 Granatwerfern, 200 transportablen Flakstatonen, 4 Kampfjets, 12 Hubschraubern, 2 Kriegsschiffen und 6 Kampfbooten beliefert worden – nicht genug, um gegen das große Rußland einen Krieg zu gewinnen, aber genug, um einen Krieg zu beginnen. Wieder einmal wird an der Südflanke Spannung geschürt und ein Konflikt vom Zaun gebrochen, der innerhalb weniger Tage tausende Tote, eine zerstörte Stadt und 30.000 Flüchtlinge hinterlassen hat. In der Folge sind die Beziehungen zu Rußland so abgekühlt wie es den USA in den Kram paßt. In der Folge können die USA ihr Raketenprogramm in Polen leichter umsetzen, und während eine Aufnahme der Ukraine und Georgiens in die NATO vor ein paar Monaten noch durch das Veto Berlins auf die lange Bank geschoben wurde, ist sie nach dem jetzigen Stand wohl kaum mehr zu verhindern. Damit ist die NATO, und damit auch Deutschland, einbezogen in eine Politik, die den bewaffneten Konflikt sucht und zurückkehrt zum Wettrüsten zwischen Ost und West. Die Strategie des Wettrüstens war für die westlichen imperialistische Mächte schon einmal erfolgreich, also wird sie neu aufgelegt. Die Risiken des Wettrüstens, die Gefahr für den Frieden in Europa gehören nicht der Vergangenheit an.

Nachtrag:

Falsche Freundschaften (1)

Die Kommunistische Partei Venezuelas hat eine Erklärung abgegeben, in der Rußland aufgefordert wird, den „Sieg“ in Georgien zu „festigen“ und auch gleich in der Ukraine aufzuräumen. Man muß daran erinnern, daß Georgien und die Ukraine keine Sowjetrepubliken mehr sind, daß es keine Sowjetrepubliken mehr gibt, und daß im Kreml nicht mehr die Bolschewisten regieren, sondern eine bürgerliche Regierung, die zur Restauration des Kapitalismus ihren Teil beigetragen hat, und die selbst nach der Logik der Großmachtpolitik handelt. Auch Rußland mißt mit verschiedenen Maßen. Rußland wirft Georgien das vor, was Rußland in Tschetschenien selbst tut.

Falsche Freundschaften (2)

Ein Zitat:

Es ist eine neue Friedensbewegung in Deutschland und ganz Europa nötig. Denn ohne den manifestierten Friedenswillen wird die EU der US-amerikanischen Kriegsfraktion bis hin zum Krieg folgen. 25 Jahre nach der Blockade des US-Stützpunktes Mutlangen muss das Volk für ein friedliches Europa unter Einschluss von Russland aufstehen und Krieg und Frieden wieder zu einer wahlentscheidenden Frage machen.“

Dies schrieb Dr. Alfred Mechtersheimer in der Nazi-Onalzeitung.




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[Flugblatt Oktober 2008]


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