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DFG-VK Gruppe Duisburg
Stand: 15.9.2005

Inhalt und Impressum


Deutsche Friedensgesellschaft
Vereinigte Kriegsdienstgegner
Gruppe Duisburg

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Gneisenaustr. 226
47057 Duisburg

Bleibt die Wehrpflicht

oder Was wäre geworden, wenn...


von Jakop Heinn


Bleibt die Wehrpflicht? Wahrscheinlich ja.

Interessanter wäre die Frage, ob es überhaupt eine Wehrpflicht gibt und gab. Bürger der Bundesrepublik Deutschlands männlichen Geschlechts, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, sind dem Gesetz nach verpflichtet, dem Einberufungsbefehl der Bundeswehr Folge zu leisten, bei der Bundeswehr ihre Zeit zu vertrödeln, sich herumkommandieren zu lassen und sich zum Menschenschlächter ausbilden zu lassen. Sie haben, auch später noch als Reservisten, zur Verfügung zu stehen, wenn der Befehl kommt, in den Krieg zu ziehen. Man nennt das Wehrpflicht. Wann je ist in den letzten zwei bis drei Jahrhunderten eine deutsche Armee losmarschiert, um von Volk und Land eine Bedrohung oder sonst ein empfindliches Übel abzuwehren? Gewehrt haben sich die, die den Dienst in der Uniform verweigerten oder bei der Musterung mit Attest erschienen oder schlicht von der Fahne gingen.

Aber das Ding heißt nun mal wie es heißt: die Allgemeine Wehrpflicht. Wird sie abgeschafft? Wahrscheinlich nein. Jedenfalls nicht, solange Rotgrün dran ist.

Die kühlen Rechner haben längst ausgerechnet, daß die Wehrpflicht gar nicht nötig ist. Für den Krieg, der jetzt Friedenssichernde Maßnahme genannt wird, braucht man gar nicht so viele Soldaten. Außerdem ist sie ein teurer Spaß. Zieht man alle tauglichen Wehrpflichtigen zum Dienst ein, wird die Bundeswehr zu groß. Also zieht man nicht alle ein. Die Einberufung wird zum Zufall. Die allgemeine Wehrpflicht wird de facto abgeschafft, de jure beibehalten. Man nennt das Wehrgerechtigkeit.

Den kühlen Rechnern zum Trotz wird argumentiert: Die allgemeine Wehrpflicht sorgt für die Verwurzelung der Armee im Volk; sie ist eine Garantie für eine demokratische Armee im demokratischen Staat. Die so reden heißen Sozialdemokraten.

In Wirklichkeit sind die wehrpflichtigen Soldaten der Bundeswehr die negative Elite der Nation. Zur Bundeswehr gehen die, die zu blöd waren, sich zu drücken (und wer da freiwillig hingeht, muß bekloppt sein). Und die sollen die Garanten für die Demokratie sein?

Umgekehrt wird ein Schuh draus: die allgemeine Wehrpflicht trägt nicht die Demokratie in die Armee, sondern den Militarismus in die Bevölkerung.

Eine solche Untertanenfabrik ist natürlich etwas Feines, sagen die kühlen Rechner. Aber so dringend brauchen wir sie nicht mehr, weil es eine andere Untertanenfabrik gibt, die noch besser funktioniert: die Massenarbeitslosigkeit.

Die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht ist nicht mehr allein das Anliegen von Pazifisten (die dann aber auch so konsequent sein müßten, eine Berufsarmee ebenso abzulehnen wie eine Wehrpflichtigenarmee). Gegen die allgemeine Wehrpflicht sind die FDP und die Grünen. Letztere allerdings nur ganz leise.

Die FDP ist nicht pazifistisch (und für die Friedensbewegung kein Bündnispartner). Sie ist gegen die Wehrpflicht, weil sie überhaupt den Staat abschaffen und die Bundeswehr am liebsten durch einen privaten Wachdienst ersetzen möchte. Am meisten stört die Liberalen das Egalitäre an der allgemeinen Wehrpflicht. Außerdem ist die FDP ein potentieller Koalitionspartner, und da muß man ein paar Forderungen anmelden, die man sich später in Koalitionsverhandlungen großherzig abhandeln läßt.

Die Wehrpflicht abzuschaffen könnte die CDU sich leisten, denn die CDU kann sich alles leisten. Aber sie bräuchte dazu eine Zweidrittelmehrheit, also die Zustimmung der SPD, und damit ist überhaupt nicht zu rechnen. Denn schließlich hat die SPD sich schweren Herzens dazu durchgerungen, sich zu dem zu bekennen, wogegen sie vorher gekämpft hatte. Und das läßt sie sich nie mehr nehmen. Die SPD ist die letzte Bastion all dessen, wogegen sie mal war, und wird darin nur noch von den Grünen übertroffen. Auch die Grünen haben schon seit langem kein anderes Ziel, als ihre Brauchbarkeit ("Politikfähigkeit") zu beweisen. Forderungen (wie etwa die nach Abschaffung der Wehrpflicht) werden nur noch verkündet, um sie beizeiten über Bord zu werfen.

Was wäre geworden, wenn...? Nehmen wir mal an, man hätte 1949 vergessen, die Todesstrafe abzuschaffen. Dann hätten wir sie heute noch. Die SPD wäre zwar zuerst dagegen gewesen, hätte aber 1959 aus Staatsräson ihre Haltung geändert. Dafür wäre sie viel gelobt worden. Man hätte über sie gesagt, sie hätte endlich ihren ideologischen Ballast abgeworfen und sich in eine staatstragende, zur politischen Führung fähige Partei verwandelt. Auch in dieser Frage hätten die Grünen das getan, was sie immer tun. Und die Frauenbewegung würde fordern, daß der Beruf des Henkers auch Frauen zugänglich sein müsse.

Und weil das alles so ist wie es ist, bleibt uns die Wehrpflicht erhalten.


[2003]


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